Studium ist nicht einfach „nur“ Studium

Ich möchte keinen weiteren Mimimi-Beitrag verfassen und dieser soll es auch nicht sein. Es gibt jedoch eine gewisse Diskrepanz zwischen dem, was Leute über das Studium denken und dem, wie es tatsächlich ist.
Erster Irrglaube, der trotz 10-jährigem Jubiläum des BA/MA-System besteht ist folgender: 3 Monate Semesterferien im Sommer. Ich glaube da können alle, sogar die Geistis, nur drüber lachen. Es heißt „Vorlesungsfreie Zeit“, was bedeutet, dass von allen möglichen Veranstaltungsarten nur keine Vorlesungen stattfinden. Blockpraktikum, Übungen, Projekte, Exkursionen und manchmal dann doch auch Vorlesungsblöcke finden vorzugsweise in dieser Zeit statt. Zudem stehen Klausurvorbereitung, Hausarbeiten, Protokolle und Paper für die höhersemestrigen an, neben Arbeit und Lab-Meeting. Ach ja, weil das Studium ja so praxisfern ist, ist es ratsam in unbezahlten 3-Monatpraktika Vollzeit Berufserfahrung zu sammeln, aber bitte nicht die Regelstudienzeit überschreiten, das macht sich beim Personaler nicht so gut. (Info vom Bewerbungstipps-Tag auf der Leipziger Buchmesse).

Ich bin keine Ausnahme oder super-engagiert. Das geht eigentlich allen so, außer einigen wenigen und die waren schon im 2. Semester kaum anwesend. Da fragt man sich, was DIE so den ganzen Tag machen und wie sie ihren BA geschafft haben und gleichzeitig, was ICH falsch gemacht habe, dass ich mit Rackerei auf der gleichen Stufe stehe. Ich hoffe auf ausgleichende Gerechtigkeit irgendwann.

Jedenfalls ist Studium nicht nur Studium. Denn selbst wenn man am Ende des Masters ist und sich vorgenommen hat, diesmal nur ein Großmodul zur Zeit zu belegen, kommen doch 1000 Dinge, die parallel laufen. Habe gestern zwei andere getroffen, die in genau der gleichen Situation stecken: Eigentlich wollte ich ja nur Projekt xy machen, aber jetzt halte ich für meinen Prof ein Tutorium, darf an der Publikation mitarbeiten und muss für mein Protokoll doch noch Kontrollversuche machen …

Ich kann es so verstehen, dass immer mehr Studenten ihr Studium abschließen und direkt mit Burnout in die Klapse wandern … Auch kann ich nicht nachvollziehen, wie Leute, die das System nicht mitgemacht haben, davon faseln, es habe nichts mit der Umstellung des Systems zu tun (Kommentare), sondern mit dem „Akademisierungswahn“ und dass die Studenten heutzutage einfach nicht geeignet wären. Ähem, wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten. Ob oder was Burnout jetzt ist, darüber streiten sich die Experten schon lange. Aber in einer Gesellschaft, in der man mit einem 1.6 Abi schon als Durchschnitt gilt, in der Friseurslehrlinge doch bitte einen guten Realschulabschluss oder Abitur mitbringen sollen, wächst der Leistungsdruck enorm (satirisch überspitzt – ich habe jedoch das Gefühl, dass es immer krasser wird. Siehe hier. Das ist natürlich als Witz gemeint, aber ich habe erst ein wenig gebraucht und in den Kommentaren des Bildes auf FB waren einige, denen man den Witz noch erst erklären musste. Diese sind nicht unbedingt humorbefreit – sondern einfach schon ungemein lächerliche Anforderungen gewöhnt. Folgende Anforderung von einem Freiburger Verlag hingegen waren echt: Masterabschluss Geisteswissenschaften, Fließend Englisch, Akzeptabel Französisch, Erfahrungen im Verlag (mind. 3 Praktika) für 2 Jahre, 900€ brutto. Joa. 5 Jahre studiert, ca. 36 Wochen im Verlag gearbeitet und dann soll man 2 Jahre finanziell unter dem Leben, was man mit Bafög und Nebenjob verdienen kann. Lächerlich – aber leider erfolgreich für den Verlag. Haben sie wieder jemand dummes gefunden.)

Neben den Sorgen um Kohle und Abschlussprüfung, um Praktikums- und Masterarbeitsplätze muss man, wenn man nach Abgabe nicht direkt zum Arbeitsamt laufen will, sich nebenher um einen Job kümmern. Auch wenn man weiter machen will mit dem PhD. Das wird einem nicht einfach in den Schoß gelegt.

Da kann man sich schon mal fühlen wie in einem Hamsterrad, das Ziel und das wichtigste aus den Augen verlierend – nämlich, dass man das Fach eigentlich studiert, weil es interessiert und Spaß macht und man sich bilden möchte.

 

Hinterlasse einen Kommentar