PhD routine vs andere Mütter

Seit etwas mehr als einer Woche bin ich nun Doktorandin – viel doktormäßiges ist jedoch noch nicht passiert. Das liegt vor allem daran, dass meine Chefs – eine direkte (Doktormutter), ein Arbeitsgruppenleiter und eine neue Professorin, die einen Teilbereich leitet – in Lehre und Forschung viel außer Haus sind. Exkursionen, Meetings, Tagungen. Viel Zeit für Planung und Gespräche gibt es nicht, außer die festen Standardtermine. Das heißt, ich weiß zwar was mein Projekt ist und was mein Ziel, jedoch weiß ich noch nicht so recht, wie ich anfangen soll. Aber das kommt hoffentlich nächste Woche Dienstag, da sitzen wir dann alle zusammen und besprechen. Hoffentlich. Auch wie das mit der Projektplanung und dem Mutterschutz wird. Auf jeden Fall freut sich meine Doktormutter, dass die AG nächstes Jahr ja ein „Maskottchen“ hat ^^

Bis dahin sind die Tage vollgestopft mit Mini-Meetings, AG-Seminar, AG-Besprechung, Doktorandentreffen, Tierpflegetreff. Und es wird immer schwieriger den Kollegen – gerade auch aus meiner Nebenbeschäftigung als Grafikerin – weiß zu machen, dass man „grad keine Lust“ auf Weihnachtsmarkt hat. Dabei geht es gar nicht um den Glühweinkonsum – sondern darum, dass ich ab 17 Uhr zu nichts mehr zu gebrauchen bin. Um acht schlafe ich, bis am nächsten morgen um halb acht der Wecker klingelt. Ein Weihnachtsmarktbesuch, der körperlich und geistig anstrengend ist (ihh, immer diese Menschen!), ist da echt nicht drin.

So langsam hat sich die erste Freude und die Überraschung über die Schwangerschaft etwas gelegt. Tatsächlich fällt es mir schwer zu akzeptieren, dass bald unser ganzes Leben sich nur noch um einen Menschen dreht, der schreit, sabbert und stinkt. Und dann geht es ja noch weiter: Gestern habe ich eine der Dorfmuttis mit ihrem Sohn, fünf oder so, durch den Schnee stapfen sehen. Der kleine, von oben bis unten in Winterklamotten gepackt, sah aus wie eine Mini-Michelin-Männchen und zog und zerrte an dem Arm seiner Mutter, die ihn wie einen allzu stürmischen Hund fest bei sich hielt. Ich sehe mich dort nicht. Dieses Rumgezerre an mir, da sträubt sich alles. Aber mein Kind auf die Straße laufen lassen würde ich wohl auch nicht. Oder mit dem Kind nicht spazieren gehen, ihm nicht die Welt zeigen, es nicht „das da draußen“ entdecken lassen. Vielleicht ist das diese typische Haltung von jungen Menschen ohne Kinder, die andere Eltern sehen. Und vermutlich auch die ganz normalen Ängste junger werdender Eltern, sich selbst zu verlieren. Ich bin ich, und will ich bleiben. Ist das egoistisch? Oder ein normaler Gedanke? Haben den alle?

Wenn ich andere Mütter sehe, auch aus meinem Bekanntenkreis, dann ist das nicht mehr Lena, Marie oder Louise – das ist dann die Mutter einer Tochter, die Mutter von zwei Söhnen und die Mutter mit dem Sohn, der sich immer überall auf den Boden wirft und schreit. Das sind nicht mehr meine Freundinnen, mit denen ich um die Häuser gezogen bin, nicht die Handballkameradin oder die Studienkollegin mit dem Hang zum Perfektionismus, die sich über eine 1.3 aufregt und in die Nachprüfung gegangen ist. Die Witzige, die Spontane, die Nervig-anstrengende-aber-voll-liebe. Aus meinen Augen sehe ich nur noch Mütter. Mit Kinderwagen, mit Babytasche, mit Kotze am Kragen. Wenn ich sie denn sehe – denn ein bekanntes Problem ist ja, dass mit dem Eintreten des Kindes in das Leben von einem Paar das Austreten der Freunde aus dem engeren Kreis gekoppelt ist. Weil Kinder Kraft kosten und anstrengend sind. Weil man Zeit mit ihnen verbringen will und keine Sekunde verpassen möchte.

Da hilft nur eines: Andere Mütter als Freundinnen finden. Und das Balg ab und zu dem Vater überdrücken und mir ein kindfreies Wochenende in Göttingen bei meiner besten Freundin gönnen … Bald steht ja Silvester an. Vielleicht ein guter Zeitpunkt, Vorsätze für das erste Jahr mit Kind zu machen – und sie auch einzuhalten.

 

Hinterlasse einen Kommentar